Die studentische Mensur

(Kösener Handbuch Band I, S. 151; ebenfalls sehr lesenswert sind der Artikel unseres Corpsbruders Amberger, sp. Hannoverae: http://swordhistory.com/excerpts/hannos.html sowie die Beiträge in http://www.hoch-bitte.de und http://www.cousin.de/cousin/allgemein/mensur.html)

1.) Geschichte

Das Fechten der Studenten ist im ausgehenden Mittelalter entstanden aus der Notwendigkeit, sich auf den langen Wegen zwischen Heimat und Universität vor Übergriffen zu schützen. Bei Gründung der ersten Universitäten wurde der Volksbrauch des Fechtens von den Studenten übernommen. Angesichts der Tatsache, daß erst 1495 durch den Ewigen Reichslandfrieden die Privatfehde (vergeblich) untersagt wurde, war das Duell eine sehr volkstümliche Form der Konfliktbewältigung.

Mit dem Aufkommen des Absolutismus erkämpften sich die Studenten als "Intelligenz" das Recht, neben dem Adel ebenfalls Waffen tragen zu dürfen. Der Abschluß eines Studiums galt gesellschaftlich vorher schon als dem Adelsstand ebenbürtig. Schließlich verbriefte Kaiser Maximilian 1514 den Studenten das Recht, Waffen zu tragen. Anfänglich wurden die in Deutschland üblichen Waffen getragen: ein langes Schwert als Hiebwaffe, ein Messer als Stichwaffe. Im 16. Jahrhundert wurde der Degen als Waffe eingeführt, knapp Hundert Jahre später kam aus Spanien das Stoßrappier dazu. Zu jener Zeit konnte jeder wehrhafte Mann fechten. Fechtmeister unterrichteten Studenten wie Bürger in der Fechtkunst, was angesichts der herrschenden Unsicherheit auf den Straßen auch außerhalb studentischer Duelle sicher sinnvoll war. Ein ausgeprägtes Standesbewußtsein verbunden mit unverhohlener Rauflust der Studenten führte allerdings zu tatkräftigen Auseinandersetzungen unter Studenten, mit Polizei und Stadtsoldaten (In Göttingen bereitete sich die Obrigkeit darauf mit der Schrift "Über Bewaffnung und Taktik akademischer Polizeiwachen zu bevorstehenden Gefechten mit Studenten" eines Hofrates Meier vor). Teilweise wurde der Besuch der Fechtschulen untersagt, teilweise sollte mit ihnen wenigstens das Fechtwesen in erträgliche Bahnen gelenkt werden.

Gegen andere Studenten wurde in Form des "Recontres" gefochten, d.h. formlos, ohne vorherige Forderung, sich zu einer bestimmten Zeit, mit einer bestimmten Waffe an einem bestimmten Platz einzufinden. Ein Comment bestand nicht. Da diese Form des Fechtens geeignet war, die Lebenserwartung der Duellanten deutlich zu verringern, wurde 1684 in Jena das sog. Jenenser Mandat vorgelegt, eine Vorform eines Fechtcomments. Dieser Erfolg wurde jedoch durch den knapp Hundert Jahre später aus Frankreich kommenden "Pariser" wieder relativiert, der als Stoßwaffe leicht zu lebensgefährlichen Lungenverletzungen führen konnte. Ebenfalls gegen Mitte des 18. Jahrhunderts tauchte östlich der Elbe der Glockenschläger auf, der anders als heute als Hieb- und Stoßwaffe verwendet wurde. Aus ihm entwickelte sich westlich der Elbe der Korbschläger, der hier zur Standardwaffe avancierte. Zusammen mit dem Säbel wurden die Hiebwaffen zurückgedrängt. Um 1860 wurde in Heidelberg erstmalig eine Paukbrille verwandt, was überall schnell Nachahmung fand. Gegen 1875 wurde die Bestimmungsmensur eingeführt, um eine Partie auch ohne Ehrenhändel austragen zu können. Nach und nach wurden immer mehr Schutzwaffen eingeführt, die Trefferfläche auf den Kopf beschränkt, die Bewegungs- von der Standmensur abgelöst bis sich die Mensur in der Form entwickelt hatte, die wir heute durchführen.

2.) Rechtliche Würdigung

Schon seit Beginn der Neuzeit wurde Verteidigung und Durchsetzung von Anschauungen und Ansprüchen als unangemessen empfunden und vom den Regierungen immer intensiver verfolgt. Die Strafgesetzbücher Deutschlands und Österreichs hatten das Duell generell verboten. Das Reichsgericht setze 1883 die Schlägermensur zunächst dem Duell gleich. 1933 wurde die Mensur ausdrücklich für straffrei erklärt. Dies wurde zawr vom Allieiertem Kontrollrat wieder aufgehoben, jedoch stellte der Bundesgerichtshof 1953 fest, daß die Bestimmungsmensur nicht den Tatbestand des Zweikampfes mit tödlichen Waffen erfülle; auch einen Verstoß gegen die guten Sitten verneinte der BGH. In den Neufassungen der Strafgesetzbücher sind sämtliche diesbezüglichen Verbote weggefallen.

Eine ähnliche Entwicklung nahm die Beurteilung des Fechtens aus kirchlicher Sicht. Das Duell war schon immer unmoralisch und mit Exkommunikation bedroht. Nachdem daß Duell aufgegeben wurde, entfiel auch das Argument, daß die Mensur die Vorbereitung für das Duell wäre. Nach der neuesten Fassung des codex juris canonici (1983) steht die Mesur auch offiziell nicht mehr unter kirchlicher Strafandrohung.

Zur weiteren straf-, verwaltungs-, wehr- und kirchenrechtlichen Würdigung der Mensur wird auf das Handbuch des Kösener Corpsstudenten, Seiten 165ff verwiesen. Alle in Frage kommenden Gerichte entschieden nicht gegen die Mensur und selbst die katholische Kirche kommt nicht mehr zu einer klaren Ablehnung der Mensur.

3.) Der erzieherische Wert der Mensur

Im Zuge einer langandauernden Auseinandersetzung mit der Frage, ob (vor allem) das Duell maßgebend für den Zusammenhalt in den Verbindungen sei, prägte sich der erzieherische Sinn der Schlägermensur: