Geschichte der Technischen Universität Berlin

(Aus: http://www.tu-berlin.de/uebertu/geschichte.htm)

1770 gründete Friedrich der Große in Berlin die Bergakademie, 1799 wurde die Bauakademie gegründet und 1821 schließlich die Gewerbeakademie. Diese drei Akademien gelten als die wichtigsten Vorläufereinrichtungen der heutigen Technischen Universität Berlin. Die Bau- und Gewerbeakademie wurde 1879 zur Königlich Technischen Hochschule zu Berlin vereinigt, 1916 kam auch die

Bergakademie hinzu. Als Vorläufereinrichtung in weiterem Sinne läßt sich auch die 1822 gegründete Königliche Gärtner-Lehranstalt bezeichnen, auf die sich die heutige Lehr- und Forschungsbereiche Landwirtschaft und der Landschaftsplanung an der TU Berlin zurückführen lassen.

Schinkel und Beuth

Besonders an der Bau- und an der Gewerbeakademie lehrten und studierten Männer (Frauen suchte man damals noch vergebens an diesen Schulen), die in Berlin und über seine Grenzen hinaus bekannt wurden und Geschichte gemacht haben. Einer von ihnen war der Architekt Friedrich Schinkel, der nicht nur an der Bergakademie arbeitete, sondern ihr auch ein neues Gebäude am Werderschen Markt in Berlin-Mitte errichtete. An der Gewerbeakademie, deren Begründer Christian W. Beuth selbst seinen Platz in der Wissenschaftsgeschichte hat, studierten viele spätere "Industriekapitäne", unter ihnen auch August Borsig.

Sowohl die Bau- und auch die Gewerbeakademie waren zwar höhere Bildungsanstalten, aber noch keine Hochschulen. Sie hatten nur einen Lehr- und keinen Forschungsauftrag, die Ausbildung war schulmäßig geprägt. Erst mit Gründung der Königlich Technischen Hochschule wurde eine den Universitäten gleichrangige, wissenschaftlich technische Ausbildungsstätte geschaffen. Die preußischen technischen Hochschulen - somit auch die Berliner - erhielten 1899 als erste im Deutschen Reich von Wilhelm II. das Recht zur Verleihung des Doktorgrades zugesprochen.

Brennpunkt des technischen Fortschritts

Um die Jahrhundertwende war die Berliner Hochschule, wie der Verein Deutscher Ingenieure schon 1906 schrieb, nicht nur für Preußen und Deutschland, sondern für alle Kulturländer "ein geistiger Mittelpunkt geworden, ein viel beneidetes Vorbild, ein Brennpunkt des technischen Fortschritts".

Noch immer gab es an der Technischen Hochschule viele Ungleichheiten zu den anderen Universitäten. Dies führte zu einer Reihe von Diskussionen, in deren Mittelpunkt ein notwendiges Überdenken des Verhältnisses von Universität und Technischer Hochschule und das Verhältnis von Theorie und Praxis standen. Durch den I. Weltkrieg wurden diese Diskussionen unterbrochen, und so konnten einige der Forderungen erst nach seiner Beendigung umgesetzt werden, andere wurden nie erfüllt. 1917 wurde den bisherigen "etatsmäßigen" Professoren an Technischen Hochschulen auch die Rechte der ordentlichen Universitätsprofessoren zugestanden, und erst 1922 wurden die Abteilungen in Fakultäten umgewandelt. Zu der vielfach geforderten Vereinigung von Universität und Technischer Hochschule dagegen kam es nicht.

Vorreiter für neue Ausbildungsformen

Für viele neue Ausbildungsformen und -inhalte zeichnet sich die Berliner Hochschule als Vorreiter aus. Das Institut für Betriebssoziologie und Soziale Betriebslehre problematisierte erstmals soziale Aspekte der Arbeitsabläufe in modernen Industriebetrieben. Auf Initiative von Georg Schlesinger wurde 1918 ein Institut für "Industrielle Psychotechnik" gegründet, in dem Fragen des Zusammenhangs von Werkzeugmaschinen und Fabrikorganisation vertieft wurden. 1926/27 wurde der Studiengang des "Wirtschaftsingenieurs" neu eingeführt.

Bald aber war die Berliner Technische Hochschule, zumindest bezogen auf die Studentenschaft, zu einer Hochburg der Nationalsozialisten geworden. Auch unter der Professorenschaft waren viele, die den Nationalsozialisten durchaus freundlich gegenüberstanden. Die Ausschaltung jüdischer und kritischer Wissenschaftler und die politische Gleichschaltung der Hochschule volllzogen sich ohne großen Widerstand. So wurden die Technische Hochschule zu "einer der Stützen der technischen Entwicklung jener ungeheuren Kriegsmaschinerie, mit deren Hilfe das Nazi- Deutschland andere Völker angriff und unterdrückte", wie der Vertreter der britischen Militärregierung bei der offiziellen Eröffnung der neuen "Technischen Universität" im April 1946 sagte.

Bruch mit nationalsozialistischer Vergangenheit

Die Neueröffnung wurde bewußt nicht als Wiedereröffnung begangen, um zu zeigen, daß nicht an die nationalsozialistische Vergangenheit angeknüpft werden sollte. Dies zeigte sich auch darin, daß der Hochschule ein neuer Name gegeben wurde: Als erste Technische Hochschule Deutschlands bekam sie den Namen "Technische Universität". Der neue Name sollte aber auch den

Willen zu einer inhaltlichen Neubestimmung des Bildungsauftrages der Hochschule ausdrücken. Ausgefüllt wurden diese neue Programmatik durch die Einführung des "humanistischen Studiums" als Bestandteil aller Studienrichtungen. So wurden 1948 Lehrstühle für Geschichte, Literaturwissenschaft, Anthropologie und Sozialethik geschaffen.

Das humanistische Studium erfüllte aber nicht die Erwartungen und wurde so als obligatorischer Bestandteil der Ingenieursausbildung auf Betreiben der Studierenden 1968 aufgegeben. Die Frage des Verständnisses von Gesellschaft und Technik ist aber bis heute aktuell geblieben und wird in jüngerer Zeit wieder häufiger diskutiert.

Aufgeschlossen für Reformen

Von Beginn an zeigte sich die TU Berlin für Reformen und Neuerungen aufgeschlossen. Schon im Dezember 1946 wurde hier das erste deutsche Studentenparlament gewählt. Grundlegende Veränderungen der inneren Organisation der Hochschule brachte die Reformgestzgebung Ende der 60er Jahre. An die Stelle der bisherigen neun Fakultäten traten 21 Fachbereiche, und der für eine Amtszeit von jeweils zwei Jahren gewählte Rektor mit einer auf den Bereich der "akademischen Angelegenheiten" begrenzten Zuständigkeit wurde von einem Präsidenten abgelöst, der Leiter einer Einheitsverwaltung ist. Zuständig für die akademische Selbstverwaltung wurden die einzelnen Universitätsgremien mit einer ursprünglich teilweisen viertelparitätischen Besetzung (Hochschullehrer, wissenschaftliche Mitarbeiter, Studierende, Andere Dienstkräfte).

1980 wurde die Berliner Pädagogische Hochschule aufgelöst und ihre Fächer sowohl in die Freie Universität Berlin als auch in die Technische Universität Berlin eingegliedert. Damit ging eine weitere Ausweitung des Fächersprektrums der TU Berlin einher. Als neuer Fachbereich 22, Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften.

Heute ist die TU Berlin eine der zehn größten Universitäten und gleichzeitig die größte Technische Universität in der Bundesrepublik Deutschland. Die TU Berlin hat den höchsten Anteil ausländischer Studenten/innen aller bundesdeutschen Hochschulen. Mit über 220 Ausbildungsplätzen in technisch- gewerblichen Berufen gehört sie außerdem zu den 12 größten Ausbildungsbetrieben in der Stadt.

In der Verbindung von Technik- und Kulturwissenschaften bietet die TU Berlin wie nur wenige andere Hochschulen ein Beispiel für die Chancen und Schwierigkeiten einer umfassenden Integration der wissenschaftlichen Potenzen der Zeit. Sie ist ein wichtiger Faktor sowohl der technisch- industriellen wie auch der kulturellen Infrastruktur von Berlin.

Viele Bekannte Forscher

Mit Stolz kann die TU Berlin auf ihre forschende Vergangenheit blicken. Zu den bekanntesten Forschungsergebnissen vor dem I. Weltkrieg gehören die Entwicklung der Drei-Farben- Fotografie, der Tiefdrucktechnik und des Blitzlichtes (Adolf Miethe, 1862-1927), Entwicklungen im Kraftfahrzeugbau (Alois Riedler, 1850-1936) und der Funkentelegraphie (Adolf Slaby, 1849-1913), der Lehre von der Maschinenkinematik (Franz Reuleaux, 1829-1905), der konstruktiven Durchdringung des Werkzeugmaschinenbaus und der Fabrikbetriebstechnologie (Georg Schlesinger, 1866-1949), aus der u.a. Arbeitswissenschaft und Biomedizinischen Technik hervorgingen, sowie erste Entwicklungen für die Fernsehtechnik. Später kamen Entwicklungen wie das vollautomatische Getriebe (Hermann Föttinger, 1877-1945), das Elektronenmikroskop (Ernst Ruska, 1906-1988) und die erste prozeßgesteuerte Rechenmaschine (Konrad Zuse, geb. 1910) hinzu.

[TU Berlin, Text aus "DATEN UND FAKTEN Technische Universität Berlin" Mai 1992)